Ford Vedette 1952
Die
neue Vedette wurde 1948 auf dem Pariser
Salon präsentiert.
Die ursprüngliche Konstruktion stammte jedoch
aus Detroit, denn bei Ford USA sollte der Wagen zunächst
das untere
Marktsegment abdecken.
Ford Frankreich Präsident Maurice Dollfus brachte die Pläne schon 1941 aus den USA mit
zurück.
Der Seitenventil V8-60 Motor stammt aus den
französischen Vorkriegs-Ford. Gebaut wurde der Fließheck Wagen nicht im neuen Werk Poissy, das noch unter
Kriegsschäden
litt, sondern bei Chausson.
Das erklärt neben den schlechten Rohstoffen
der Nachkriegszeit vielleicht auch die lausige Qualität, die
die Vedette
bald in Verruf brachte.
Auch ihr Benzinverbrauch war für
europäische Verhältnisse zu hoch.
1949 stieg die Motorleistung auf 60 PS, gleichzeitig sank der Verbrauch etwas. 1950 wird François Lehideux Präsident der Ford Société Anonyme Française, die Vedette bekommt ab Juni einen steiferen Rahmen. Auch 1952 gab es nur kleinere Modellpflegemaßnahmen mit neuen Stoßstangen und Interieur. Wirklich neu dagegen war die Fließheck-„Abeille“ (Biene) mit 500 kg Nutzlast.
Auf dem Pariser Salon 1952 wird eine neue Vedette vorgestellt, neben der Luxus-Version Vendôme (F39) mit dem 84 PS 3,9 Liter Motor aus dem Cargo-LKW. Obwohl der Seitenventilmotor nahezu unverändert blieb, waren die Kühlprobleme verschwunden. Auch die Bremsen wurden besser, die Windschutzscheibe ist nun ungeteilt und der Kofferraum größer. Die Ausstattung umfasst nun einen Zigarrenanzünder.
In
einem Ford Verkaufsmagazin wurde 1956 zur
Verkäuferschulung folgender Artikel
veröffentlicht: Das
war ein seltsamer Sommer für die alte Farm in der
Nähe von
Paris – jener Sommer des Jahres 1953. Von
Landwirtschaft
verstanden die neuen Besitzer offensichtlich nicht viel.
Jedenfalls kümmerten sie sich nicht darum. Sie
hatten die
Stallungen in eine Werkstatt verwandelt und arbeiteten darin herum, oft
bis in die Nacht hinein. An den Wochenenden kam meist Besuch
aus
der Stadt herangerollt. Die Gäste verschwanden mit
ihren
Wagen hinter den hohen, alten, grauen Mauern des Anwesens, und was sie
dort trieben, war jedem Vorübergehenden verborgen.
Hätte jemand über die Mauer geschaut, hätte
er die
wunderliche Beschäftigung jener Wochenend-Gäste
beobachten
können. Aber es schaute niemand – und so
blieb das, was dort
hinter den sonnenbeschienenen Steinwänden geschah,
für die
Öffentlichkeit über ein Jahr lang echtes Geheimnis.
In ländlicher Abgeschiedenheit entstand ein Automobil, dessen
Karosserieform Straßenpassanten veranlaßt,
stehen zu
bleiben und dieser stahlgepreßten Eleganz
nachzuschauen.
Und bei Leuten, die etwas vom Automobil-Styling verstehen, rangiert der
Wagen, der damals im Sonnenlicht eines milden, französischen
Sommers wuchs, noch immer unter den Spitzenreitern moderner
Karosseriegestaltung.
„Wir waren der
Auffassung, daß
sich eine neue Karosserieform nur unter freiem Himmel, vor richtigen
Gebäuden, Bäumen und Mauern bewähren
kann. In
einem geschlossenen Raum wirkt jedes Automobil anders als
draußen. Deshalb erwarben wir jene Farm und stellten
die
ersten Prototypen so früh wie möglich ins Freie, um
sie
anzusehen und zu fotografieren. An vielen Wochenenden gingen
wir
hinaus zur Farm, um immer wieder aus neue auch die feinsten
Einzelheiten zu besprechen. Es sah aus wie das Kurbeln eines
Hollywoodfilms, aber es wurden dabei noch viele
Schönheitsfehler
entdeckt und korrigiert.“ Das
erzählt jener Mann, der
für die Entwicklung jenes Wagens verantwortlich war, J. A.
Gutzeit, seit dem 1. Januar 1956 Direktor des Technischen
Büros
der Ford Werke Köln.
Die Entwicklungsarbeiten für den neuen Vedette wurden Anfang
1953
gleichzeitig auf beiden Seiten des Atlantischen Ozeans begonnen, in
Dearborn und in Paris. Die Aufgabe war nicht leicht, denn es
mußten mehrere – teils gegensätzliche
– Forderungen
erfüllt werden.
Es galt, einen vollwertigen 6-Sitzer zu bauen, der rund 125 kg leichter
sein sollte als sein Vorgänger. Ferner wurde
verlangt:
•
Ein sehr moderner und eleganter Stil der Karosserie
• Eine nach
europäischen Begriffen ausgezeichnete Straßenlage
• Eine erhöhte
Beschleunigung und
größere Spitzengeschwindigkeit als bei dem alten
Vedette
• Ein niedrigerer
Kraftstoffverbrauch als beim Vorgänger-Modell
• Das neue Modell
mußte ein unbedingtes Geheimnis bis zum Herbst 1954 bleiben
• Das neue Fahrzeug
mußte im Oktober 1954 reif für die Serienproduktion
sein
Diese
Skala der Wünsche zeigt deutlich, wie vielfältig die
Anforderungen sind, die an einen Automobilkonstrukteur
gestellt
werden. Er muß seine eigenen, technischen
Vorstellungen von
dem neuen Typ den Möglichkeiten der Produktion, den
Rechenexempeln
der Kalkulation und den Forderungen des Marktes anpassen.
Manch
ein guter Konstrukteur ist gescheitert, weil er übersah,
daß
der Bau von Automobilen in unserer Zeit mehr als eine rein technische
Aufgabe ist. J. A. Gutzeit hat mit der Entwicklung des neuen
Vedette ein glänzendes Beispiel zeitgenössischer
Konstruktions-Arbeit gegeben.
„Der erste
Styling-Entwurf wurde im
Maßstab 1:1 auf schwarzem Papier
vorgeführt. Dieser
Entwurf stammte aus den Styling-Büros von Dearborn.
Das war
im Februar 1953. Änderungen an der
Linienführung wurden
noch vorgenommen, als das erste Gipsmodell in
Lebensgröße
vorgeführt wurde, und zwar im März desselben
Jahres.
Die Ausführung sämtlicher Konstruktionsarbeiten an
der
Karosse wurde in Paris unter Leitung von Mr. L.E.Boysel von der Ford
International Division geleitet. Das erste Modell war ein
Trianon. In Poissy wurden dann im Laufe des Jahres 1953 die
PKW-Versionen Versailles und Régence, sowie der Kombiwagen
Marly
entwickelt. Änderungen des Stils wurden von April
1953 ab
nicht mehr akzeptiert.“
Das gesamte Projekt konnte tatsächlich bis zum Herbst 1954
geheim gehalten werden. Der Grund: „Fast alle Gesenke und
Preßwerkzeuge wurden in Deutschland angefertigt.“
Der erste Versailles als Serienwagen lief am 20. Oktober 1954 vom
Fließband in Poissy, damit war der Terminplan exakt
eingehalten. 20 Monate betrug die Entwicklungszeit vom ersten
Entwurf bis zum Produktionsbeginn. In diesen 20 Monaten
geschah
eine ganze Menge. Aber lassen wir besser J.A.Gutzeit
erzählen, denn er war dabei:
„Um das
Geheimnis zu wahren, wurden
die Versuche und Dauererprobungen der ersten Prototypen in Amerika und
in Deutschland vorgenommen. Die Straßenerprobungen
in
Deutschland begannen im Dezember 1953 in der Gegend von Siegburg und
erstreckten sich bis in den Hochsommer 1954. Um eine
möglichst sichere Kenntnis von den Fähigkeiten des
neuen
Produkt zu erhalten, wurden zwei Prototypen je 70.000 km auf ganz
schlechten deutschen Straßen im Winter 1953 und im
Frühjahr
und Sommer 1954 gefahren. Zwei Testspezialisten kamen aus
Amerika
und acht Testfahrer aus Frankreich. Es war wichtig, den alten
Vedette über diese langen und schweren Strecken mitfahren zu
lassen, um einen ganz objektiven Vergleich zu bekommen. Als
dabei
drei der alten Vedette kaputt gefahren waren und an den neuen
Fahrzeugen noch immer nichts passiert war, hatten wir den Beweis,
daß der neue Wagen gut war und konnten unsere Sache sicher
sein. Diese Dauererprobungen in Deutschland wurden in drei
Schichten Tag und Nacht durchgeführt. Ein dritter
Prototyp
wurde in Dearborn auf den Versuchsbahnen der Ford Motor Company bis
September 1954 weiter erprobt. Zwei andere Prototypen wurden
im
Frühjahr 1954 auf Langstrecken in Frankreich eingesetzt
– anfangs
nur bei Nacht – später auch am Tage. Ein
Teilstück der
Probestrecke in Frankreich führte durch stark bergiges
Gelände und hatte 17 scharfe Kurven. Als ich das
erste Mal
auf dieser Strecke mitfuhr, sagte ich dem Testfahrer, er solle nicht
zögern und nur tüchtig drauf losfahren, damit ich
sehen
könne, wie sich der Wagen verhält. Worauf
mir der
Fahrer vergnügt versicherte, es mache ihm eine Freude, mir
seine
Fähigkeiten zu beweisen. Es war eine
Höllenfahrt –
hinauf und hinunter, von einer Kurve zur anderen jagend, mit 130 km
Stundengeschwindigkeit. Wenn es um die Kurven ging,
quietschten
die Reifen wie junge Ferkel. Ich hatte mich mit
Händen und
Füßen am Vordersitz verankert. Als diese
Tortur
beendet war, dankte ich dem Testfahrer und sagte ihm, daß ich
jetzt noch einmal in eine Fahrschule gehen wolle, um auch zu lernen,
wie man einen Testwagen erprobt. Ein etwas
wehmütiges
Lächeln war seine einzige Reaktion.“
Vedette 1956
1958 erfolgte erneut eine Namensänderung in Beaulieu, Chambord und Presidence (mit verlängertem Radstand für den franz. Staatspräsidenten Charles de Gaulle). Sogar Karmann in Osnabrück baute ein zweitüriges Cabriolet auf Basis der SIMCA Chambord. Chapron baut zudem zwei 2-türige Presidence Cabriolets für einen Gouverneur in den Kolonien. Die Motorleistung stieg erneut. Nun wird sogar in die USA exportiert, die Fahrzeuge wurden dort vom Ford Konkurrenten Chrysler vertrieben! Selbst Mao ließ sich von der Vedette inspirieren. Seine erste, chinesische Staatslimousine Dongfeng CA72 ‘Jinlong’ ähnelt optisch sehr der ersten SIMCA Vedette. Mindestens ein Fahrzeug wurde dazu nach China verschifft.
Am 9. Februar 1961 verläßt die letzte Vedette das Werk in Poissy. Ab 1961 verlagert SIMCA die Produktion der ehemaligen Vedette nach Belo Horizonte in Brasilien, auch dort liefen noch bis 1969 als SIMCA Esplanada und Jangada (Kombi) mit OHV V8-60 Motoren (ähnlich den ARDUN Flathead Umbauten) vom Band. Auch in Australien montierte Chrysler 1958 bis 1962 die Vedette.