Ford Karosserieschneider (Teil 12) - Gebrüder Ihle, Bruchsal Ihle Firmenlogo

Eines unserer Clubmitglieder kam 2003 von der Ford Sonderausstellung im Automuseum Melle mit einem Bild eines Ford Eifel zurück. Die Roadster-Karosserie erinnert stark an einen BMW Vorkriegssportwagen. Hier des Rätsels Lösung:

Ford Eifel mit Ihle KarosserieFord Eifel mit Ihle Karosserie
Ford Eifel mit Ihle Karosserie
Die Gebrüder Ihle in Bruchsal hatten sehr schnell erkannt, daß 1933 die BMW-Dixis, speziell die noch laufenden DA1 Typen, in ihrem Aufbau total veraltet waren, zumal die Grundform auf den seit 1922 gebauten Austin Seven zurückging. Da noch sehr viele Dixis existierten musste also ein sportliches Fahrzeug her, der neuen Zeit entsprechend. So wurde nach Beendigung der 3/15 PS Produktion bei BMW 1932 die „Ihle 600“ Karosserie mit Spitzheck entwickelt, die auf jedes Dixi Fahrgestell montiert werden konnte. Die mit rund 1.600 Reichsmark etwas teureren „Ihle 800“ (a.W. auch als „luxe“ mit Stoßstangen) wiesen dagegen ein auf dem flachen Heck angebrachtes Reserverad auf. Vorwiegend in Handarbeit begann man 1933 mit den ersten Karossen vom Typ 600. 15 PS „beschleunigen“ den Ihle Sport auf echte 75 km/h. Angeboten wurde nur die Farbe signalrot mit roten Polstern, doch viele Kunden konnten offensichtlich ihre Sonderwünsche durchsetzen. Mit der Serienfertigung begann Ihle 1934, erste Anzeigen in Zeitschriften erschienen in der zweiten Jahreshälfte 1935.

BMW 3/15 mit Ihle Karosserie
BMW 3/15 mit Ihle Karosserie
Ihle warb damals mit folgendem Text: „Tatsachen entscheiden! Der vollständige Umbau bewährter Gebrauchtwagen in unseren Spezialwerkstätten hat in Verbindung mit der Ihle-Karosserie ein Fahrzeug entstehen lassen, das die Bewunderung weiter Kreise hervorrief. Angenehm empfindet der Fahrer die hervorragende Straßenlage, die durch Verlängerung und Tieferlegung des Chassis erreicht wurde, das große Anzugsmoment, die Bergfreudigkeit der ausgeschliffenen Maschine, deren sprichwörtliche Sparsamkeit im Betrieb kaum zu übertreffen sein dürfte.  Nur eine Probefahrt soll Ihren Entschluß herbeiführen. Sprechen Sie mit unserem Vertreter, er erwartet Sie zur unverbindlichen Probefahrt, die Sie mehr überzeugen wird als viele Worte. Bestellen Sie heute noch Ihren Ihle-"Sport" denn seine Fahreigenschaften werden Sie täglich aufs neue begeistern und der wirklich sparsame Verbrauch, sowie seine robuste Bauart lassen diesen reizenden Wagen liebgewinnen.“
[...] „Ihr Wunsch einen eleganten und schnittigen Sportwagen zu besitzen, war unsere Aufgabe, die wir mit einem anerkannt vollen Erfolg gemeistert haben. Unser Ihle-Ganzstahl-Sportkarosserie mit ihrer hundertfachen Bewährung, trotz außerordentlicher Stabilität und großer Gewichtsersparnis – vollendet schöner Form – ist nicht nur eine Freude für den Sports- und Geschäftsmann, sondern in steigendem Maße das „Kleid“ für den Wagen der Dame.
Der vollständige Umbau bewährter Gebrauchtwagen und Generalüberholung von Chassis und Motor in unseren Spezialwerkstätten hat in Verbindung mit der Ihle-Karosserie ein Fahrzeug entstehen lassen, das die Bewunderung weiter Kreise hervorrief.
Angenehm empfindet der Fahrer die hervorragende Straßenlage, die durch Verlängerung und Tieferlegung des Chassis erreicht wurde, das große Anzugsmoment, die Bergfreudigkeit der generalüberholten Maschine, deren Sprichwörtliche Sparsamkeit im Betrieb kaum zu übertreffen sein dürfte.“

DKW F2 mit Ihle Karosserie
DKW F2 mit Ihle Karosserie
Natürlich bot es sich an, ähnliche Karosserie auch über die Chassis anderer Hersteller zu stülpen. Bekannt sind „Ihle 600“ und „Ihle 800“ Umbauten auf Basis von Hansa, Opel, DKW F2, F4 und F5 sowie natürlich Ford Eifel. Einige Bauteile, wie Windschutzscheibenrahmen und Lenkrad, scheinen sogar baugleich zu sein. Das sportliche Spitzheck gab es jedoch wohl nur für die BMW/Dixi. Erst später entstand die Legende, Ihle hätte die BMW typische Niere für seine Dixi und BMW 3/15PS Sportwagenkarosserien „erfunden“. Nachweisbar ist jedoch, dass Ihle erst ab 1935 Karosserien mit Nierenkühler anbot und vorher einteilige Flachkühler verwendete. Ihle hatte dieses markante Design also von BMW übernommen und keineswegs umgekehrt.
Die letzte Vorstellung der Ihle Roadster erfolgte auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1939. Während des Zweiten Weltkriegs sollen Präzisionswaffen und Tragkraftspritzen mit DKW-Motor bei Ihle gebaut worden sein.

Autoscooter 1955
Autoscooter 1955
Nach Kriegsende widmete sich die Gebrüder Ihle KG einem neuen Geschäftszweig. Fahrgeschäfte und anderes Kirmes-Zubehör, meist aus dem neuen Werkstoff Polyester mit Glasfaserverstärkung.
Besonders schön gelungen sind dabei die oft bis ins Detail den originalen Vorbildern nachempfunden Fahrzeuge. So wurde 1955 ein etwa 2,50 m langes Modell eines Mercedes 300SL gebaut. Er verfügt über eine Glasfaserkarosserie, einen Edelstahltank, ein original Mercedes Lenkrad und einen 8 PS Hirth Benzinmotor.
Die Beschreibung eines „Ihle Elektro-Skooter Fahrzeug Typ ES-SG“ aus den 70er Jahren liest sich so:

Autoscooter Prospekt 1970
Maße: Länge x Breite x Höhe: ca 1900 x 1200 x 800 mm (einschließlich Lenkrad)


Gewicht: ca. 190 kg


Antrieb: Lenkbarer Gleichstrom-Trommelmotor 80 – 110 Volt, 0,75 KW, Stromstärke ca. 9 – 11 Amp. Bei Normalfahrt, ca. 200 U/min.


Rahmen: Stahlrahmen mit Gummi-Stoßschutz aus Decke und Schlauch, ca. 1,5 atü


Karosserie: Kunststoffkarosserie aus glasfaserverstärktem Polyesterharz


Beleuchtung: Vorn 2 Scheinwerfer mit Kunststoff Reflektor. Hinten 2 Breitscheinwerfer mit aufgedampftem Reflektor. Drei Stromkreise.


Ausstattung: Zierleisten weitgehendstaus korrosionsfreiem, dauerhaftem Chromnickelstahl; Aluminiumzierleisten nach einem Spezialverfahren chemisch geglänzt und poliert. Mit Schaumstoff ausgefüttertes Knie- und Sitzpolster.
Auf Wunsch werden Fahrzeuge mit Kassierautomaten ausgerüstet.


Über den großen Teich schwappte Dank der Förderung durch Graf Berghe von Trips die Kartwelle nach Deutschland. Die zunehmende Begeisterung brachte auch die Hersteller auf die richtige Bahn: Neben Ihle nahmen auch Hercules, Maico und später sogar Messerschmidt den Wettkampf auf und „bastelten“ Go-Karts. Gas gab man anfangs mit Motoren von Baumaschinen- oder mit Stihl-Motoren, die ursprünglich für Kettensägen gedacht waren. Doch bald erschienen aus den USA die knallgelben McCulloch-Karts, die mit ihren überlegenen Leistungen Alles übertrafen. Mit ihren schrillen, weitgehend ungedämpften Motorleistungen (13.000 Umdrehungen pro Minute) besetzten sie schnell die Überholspur und ließen die deutsche Motorengeneration weit hinter sich.
Fahrgeschäfte von Ihle sind z.B. die Karlsruher Schlossgartenbahn, das „Sonnenrad“ (ein ca. 8m hohes Kinderriesenrad), Jetlifter und Galaxy für Erwachsende sowie der Mini-Starlifter. Es wurden wohl auch Kunststoffteile wie Fliegergondeln und Chaisen für Fahrgeschäfte andere Hersteller geliefert.

Die Konkurrenz wurde größer und bei Ihle konnte man da nicht so schnell mithalten. Während die Mitbewerber immer weitere Neuheiten auf den Markt brachten, verpasste Ihle es mit der Zeit zu gehen. Im Jahr 2000 konnte eine Insolvenz nicht mehr verhindert werden, obwohl Kaufangebote einiger Schaustellerbetriebe vorlagen. Die Firma wurde ausgeräumt und ein Ersatzteillager eingerichtet. Die in die Gebäude neu eingezogene Firma „Süddeutsche Elektromotoren-Werke - Eurodrive” übernahm glücklicherweise die ehemaligen Ihle Mitarbeiter. Nachdem auch der letzte der beiden Brüder Ihle verstarb, wird der Ersatzteilverkauf von der Firma Landwermann betreut.

Ihle Fahrgeschäft
Ihle Fahrgeschäft
Wer selbst mal eine Ihle Konstruktion sehen möchte, dem sei ein Besuch im Phantasialand angeraten. Der dortige Kinder-Twister „Biene Maja“ ist ein Ihle Galaxy, von dem vier Stück gebaut wurden. Auch viele elektrische Fahrzeuge im Europapark Rust (z.B. die dortigen Ford T-Modelle)  tragen das Ihle Logo. Im Automuseum von Fritz B. Busch steht ein Dixi Sport.
tm


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