Das waren noch schöne Zeiten...
Ford Escort Werbung im Spiegel
...als man in den goldenen Jahren des letzten Jahrhunderts im Nachrichten-Magazin ‘Spiegel’ blättern auf auf die nebenstehende Anzeige treffen konnte. Die abgebildete Familie muss echt glücklich gewesen sein, besonders darüber, dass ihr neues Automobil nun “mehr Hüftraum für die Hüften” bot.

Vermutlich plante eben diese Familie (mitsamt Schwiegermutter!!) und ihrem feuerrotem Escort eine Sommerferienreise nach Italien. Wenn man kultigen, alten Heinz Erhardt Filmen glauben darf, passte damals nicht nur endlos viel Gepäck in den Kofferraum, sondern viel mehr noch auf das Dach. Anscheinend nichts, außer vielleicht den neidischen Nachbarn, konnte der vollkommenen  Zufriedenheit im Wege stehen. Mobil sein für das Abenteuer nah und fern, das war wichtig! Aber war diese Familie wirklich glücklich? Waren sie nicht tiefen, inneren Ängsten ausgesetzt?

Wusste man denn damals nicht, welche Gefahren lauerten? Fünf Personen und ein Hund in einem Auto ohne Kopfstützen (habe ich per zigfacher Vergrößerung am PC geprüft, um nix Falsches zu behaupten), fünf 3-Punkt-Sicherheitsgurte (Was war eigentlich mit dem Hund? Der wird doch wohl nicht ohne eigenen Sicherheitskäfig mitgefahren sein?!), Sicherheitslenksäule, computer-optimierte Knautschzone, vier Scheibenbremsen, und nicht zuletzt ohne ABS, EBD, EBA, IPS, ESP, TCS, und, und, und. Am Urlaubsziel angekommen, trugen die Kinder Helme, sobald sie ein Fahrrad bestiegen?

Gingen sie nur bei grüner Fahne ins Wasser und grünem Licht über die Straße? Verfügte der Escort gegen die berüchtigten südeuropäischen Langfinger über Zentral-Doppelverriegelung mit Alarmanlage? Ich glaube, man konnte damals eine Spur gelassener in die Welt schauen. Die Monster Arbeitslosigkeit und Steuererhöhung (wenn man das Kleingedruckte liest, erkennt man oben 11% MwSt.) waren nicht so groß und bedrohend, wie sie heute erscheinen. An Sicherheit hat man bestimmt auch gedacht, aber der Gedanke an eine fehlende ebensolche hat einen in seiner Freiheit bestimmt nicht großartig eingeschränkt.

Dafür hatte man Sinn für lange Haare, wilde Bärte, kurze Röcke und extrem farbenfrohe Autos. Hätte unsere Hauptdarsteller- Familie damals geahnt, dass ihr Familienauto gute 30 Jahre später Leidenschaft und erhöhte Herzschläge hervorrufen wird?
Dass sich (hauptsächlich) Männer mit einer Neigung für altes Blech in Clubs zusammen rotten und permanent planen, wann man die nächste gemeinsame Ausfahrt unternimmt. Damals war ein Escort bestimmt eine sachliche Wahl, die Sicherheit mal außer acht gelassen. Heute ist er Nährboden für den gefährlichen Virus Veteranicus. Danke, liebe Familie, danke, lieber Hundeknochen!
 


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