Kein Benzingeflüster - nur Benzinpreisgedanken
Ich gehöre zu der automobilen Gattung Mensch, die nicht nur täglich das Auto zur Arbeit bewegt,
sondern dabei auch noch, obwohl die Strecke keine 10 km misst, an vier bunten Horrorläden, gemeinhin als Tankstellen bekannt, vorbeifahre. Morgens, wenn ich eigentlich noch regelmäßig vor mich hin döse - das Auto kennt schließlich den Weg und alle Ampelphasen auswendig (Motto: „Dudu macht das schon!“) - wird meine Aufmerksamkeit oft jäh von den Klängen des WDR weggerissen, denn in unverschämt großen Zahlen leuchten die aktuellen Spritpreise auf mich herab. Je nach Tankfüllungsstand sind die Schweißperlen auf meiner Stirn unterschiedlich groß.

Benzinpreisauszeichnungen an drei unterschiedlichen Tankstellen

19. April 2005 - Benzinpreisauszeichnungen an drei unterschiedlichen Tankstellen an der Boltenstern- /Amsterdamer Straße im Kölner Norden. Wer hier aufpasst, kann wertvolles Geld sparen!

Die Preise, die auf gelbem Hintergrund lauern, sind generell einen Cent niedriger als diejenigen, die auf andersfarbigem Hintergrund erscheinen. Befinden sich die unterschiedlichen Marken in einer unterschiedlichen Phase der Preisauszeichnung kann die Differenz auch schon mal 5 Cent betragen. An den Schlangen der Tank- und Sparwütigen kann man sofort erkennen, dass ich nicht der einzige Benzinpreis-Watcher bin. Obwohl Oldies im Allgemeinen Benzin verbrennen, schiele ich ausschließlich auf den Dieselpreis, denn unser Alltagsauto zündet brav selber und ich vergleiche immer den gleichen Referenzpreis. Nun möchte ich nicht die Leier klimpern, dass früher alles besser war, aber… Hat es zu DM-Zeiten jemals einen direkten Preissprung pro Liter Kraftstoff von 10 Pfennig gegeben? Gab es vor einigen Jahren Preisanstiege, die bei ca. 22 Pfennig innerhalb von nur 7 Wochen lagen? So geschah es nämlich in der Zeit zwischen dem 17. Februar und 6. April 2005.

Was trieb und treibt denn den Kraftstoffpreis für Endverbraucher derart in die Höhe? Einerseits hat sich der Preis für Rohöl zwischen Anfang 1999 bis Ende 2004 verfünffacht. Eine Ursache hierfür ist der Irakkrieg und die dadurch ausgelöste Zunahme von Anschlägen. Hinzu kommt als langfristige Ursache die sich abzeichnende Verknappung der Ölvorräte und die Abhängigkeit der Industriestaaten von der Energiequelle Erdöl. Die zurzeit auftretende Explosion der Ölpreise ist nur der Vorgeschmack auf zukünftige Entwicklungen. Die sich verknappenden Ölvorräte sind zudem auch noch schwerer zugänglich, was die Förderung des Rohöls mit der Zeit natürlich verteuert. Andererseits darf man die ungeliebte Ökosteuer nicht vergessen, die in den Jahren 1999 bis 2003 den Benzinpreis in 6-Pfennig-Schritten um insgesamt 30 Pfennig in die Höhe schnellen ließ. Selbstverständlich wird die Mehrwertsteuer auch für die Ökosteuer fällig, macht noch einmal fast 5 Pfennig Aufpreis. Zugegeben, die Ökosteuer ist eine Möglichkeit, auf die gestiegene Ölrechnung Einfluss zu nehmen und die Abhängigkeit vom Erdöl zu vermindern.

Eine finanziell schmerzende, ökologische Steuerreform mit kontinuierlich ansteigenden Energiepreisen regt zum Energiesparen an und senkt dadurch unsere Abhängigkeit vom Rohölimport. Aber nach einer gewissen Zeit des Ärgerns tritt irgendwann auch wieder die Gewöhnung ihren Siegeszug an. Oder höre ich heute noch jemanden über die Ökosteuer fluchen?

Trotzdem ist festzuhalten, dass der Benzinverbrauch von 1999 bis 2003 um 15,4% sank.
Steigende Preise senken den Verbrauch nach der Faustregel: Ein 10% höherer Preis führt kurzfristig zu 3% weniger Verbrauch. Langfristig wird der Verbrauch vermutlich noch mehr reduziert, weil sparsamere Autos entwickelt und angeschafft werden. Wenn man bekannten Publikationen Glauben schenken darf, so liegt die durchschnittliche Fahrleistung des deutschen Autofahrers seit Jahren stabil bei etwa 12.000 Kilometern im Jahr oder 1.000 Kilometern im Monat. Der durchschnittliche Verbrauch von Autos mit Benzinmotor liegt derzeit bei 8,8 Liter/100 km. Ein Durchschnittsfahrer benötigt im Monat dementsprechend 88 Liter Benzin (1.056 Liter im Jahr), für die er zurzeit 106 Euro bezahlen muss. Das sind monatlich fast 40,- Euro, oder 35%, mehr als im Januar 1999. Wohl dem, dessen Einkommen im gleichen Zeitraum in vergleichbarem Maß anstieg.

Wer wie wir, das Autofahren auch aus Leidenschaft und aus Liebe zu altem Blech betreibt, ist natürlich vermehrt betroffen, denn neben den „normalen“ Fahrten des Alltags gilt es ja auch noch die freizeitlichen Fahrten zu bezahlen und gleichzeitig zu genießen. Da man sie vielerorts nachschlagen kann und sie dem autobegeisterten Fahrer nicht fremd sein werden, seien einige der sich bietenden Sparmöglichkeiten, um auf die gestiegenen Treibstoffpreise zu reagieren und den Benzinverbrauch und damit die Benzinkosten zu verringern, nur kurz erwähnt:
Man überdenke den Wechsel auf ein verbrauchsgünstigeres Auto. Jeder Liter, den das Auto weniger verbraucht, macht sich bei der durchschnittlichen monatlichen Fahrleistung mit ca. 12 gesparten Euro bemerkbar.
Mit einer energiesparenden Fahrweise (ruhiges, defensives Fahren ohne Höchstgeschwindigkeiten) lassen sich ohne Komfortverlust die Benzinkosten bei gleicher Fahrleistung um 15 bis 25% verringern (ist für Young- und Oldtimerfahrer wesentlich eher zu empfehlen als der Umstieg auf ein anderes Fahrzeug, speziell wenn man die letzten Jahre an der Restauration gearbeitet hat…).
Ein Umsteigen bei einzelnen Fahrstrecken auf andere Verkehrsmittel wie z. B. die Bahn oder auf das Fahrrad. (Allerdings habe ich bisher selten eine Bahnfahrt, egal, ob Nah- oder Fernverkehr, ermitteln können, die mit den Kosten einer Autofahrt hätten mithalten können. Überlegenswert ist
es allemal, denn ein Zehntel aller Autofahrten in Deutschland sind kürzer als 1 km, ein Drittel kürzer als 3 km und die Hälfte kürzer als 5 km. Selbst wenn die Bahn hier nicht konkurrenzfähig ist, der Drahtesel ist es und sorgt zudem für schmucke Waden.)

Jetzt muss ich versuchen, den Bogen zu schließen, damit ich wieder Bezug nehme auf den Anfangspunkt dieses Artikels. Das ist auch relativ einfach, denn ich werde morgen wieder zur Arbeit fahren, werde wieder ein Auge auf die Benzinpreise werfen und dann für mich entscheiden, ob ich sofort tanke, da der Preis verlockend ist, oder ob ich lieber warte. Bei leerem Tank entfällt die Wahlmöglichkeit, dann kann ich nur noch entscheiden, mit wie vielen Litern ich mein Gefährt erfreue.

Eines bleibt allerdings gewiss: Solange nicht eine Mehrzahl der deutschen Autofahrer gleichzeitig und für eine längere Zeit die Zapfsäulen boykottiert, werden sich die Kraftstoffpreise nicht ändern. Weder der Staat noch die Ölkonzerne möchten auf ihre Milliardeneinnahmen verzichten. Nach unten werden sich die Preise kaum noch bewegen, die Tendenz kann nur nach oben gehen, darauf werden wir uns einstellen müssen. Schließlich bestimmt die Nachfrage den Preis. Und je mehr sich die bevölkerungsreichsten Länder unserem Ölbedarf angleichen, desto mehr wird der Preis anziehen. Wer weiß, wie lange es noch dauern wird, bis wir den von den Grünen ehemals geforderten Preis von 5 DM erreicht haben? Wenn ich in vielleicht 5 Jahren einen Anschlussartikel verfassen werde, werden wir uns vermutlich bei der Erinnerung an 2005 auf die Schenkel klopfen, erinnernd, dass damals ein Liter Benzin nur etwa so teuer war wie ein Kölsch…

Bis dahin erfreue ich mich beim Durchblättern der Wirtschaftsseiten daran, dass es immer noch Konzerne gibt, denen es offensichtlich sehr gut geht und ich dazu beitragen konnte. So las ich neulich: „ London - Der Ölkonzern Royal Dutch/Shell hat 2004 mit 17,59 Mrd. Dollar den höchsten Jahresgewinn in seiner Unternehmensgeschichte erzielt. Das britisch-niederländische Unternehmen, das in London den Jahresbericht 2004 vorlegte, steigerte damit seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um rund 55 Prozent. Hintergrund des Rekordergebnisses sind die hohen Ölpreise… “ Und weiter: „ Der zweitgrößte US-Ölkonzern ChevronTexaco hat im Jahr 2004 den stärksten Gewinnsprung innerhalb des Analge-Universums der Analysten hingelegt. Der Nettoertrag ist um 84,3% auf 13,3 Mrd. USD geklettert. Neben steuerlichen Effekten und einigen Sondereinflüssen seien auch hier in erster Linie der hohe Ölpreis und die starken Raffineriemargen für die gute Performance verantwortlich gewesen…
Cornelius Blümel

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