Exklusiv-Interview Wolfgang Booms
Interview Wolfgang Booms

Name: Wolfgang Booms
Job: Director European Vehicle Pricing
Alter: 36
Familienstand: verheiratet
Bildungsweg: Studium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkten Marketing, Fertigungswirtschaft und Statistik an der Universität Münster, Einstieg bei Ford als Graduate Trainee
Seit wann bei Ford: Dezember 1993

Welches war Ihr erstes Fahrzeug überhaupt?
WB: Mein erstes Auto war ein silbergrauer Audi 80 mit 60 PS. Nicht schnell, aber sehr sparsam, und vor allem kein Golf (im Gegensatz zu meinem Freundeskreis).

Welche (alten) Fahrzeuge befinden sich derzeit in Ihrem Besitz und wann fingen Sie an, alte Autos zu erwerben?
WB: Ich besitze derzeit einige ältere Fahrzeuge der Marken Ford und Audi aus den 70er und 80er Jahren. Autos, mit denen ich groß geworden bin. Mein erstes altes Auto war ein Audi 100 Coupe S, das ich mir durch Nebenjobs im Studium finanziert habe. Seitdem bin ich von dem Old- oder Youngtimervirus nicht mehr losgekommen.

Welches davon ist Ihr größter “Schatz”?
WB: Schwer zu sagen, eigentlich sind alle sechs Autos echte Schätze. Dazu gehören definitiv mein Capri 2.3S und mein Granada 2.3 Ghia. Beide Autos sind aus erster Hand. Der Capri überschreitet dieses Jahr die 34.000 km-Grenze, und auch der Granada hat in seinen 20 Jahren erst 60.000 km hinter sich gebracht. Beide sind fast so gut erhalten, als seien sie hier gerade aus dem Kölner Werk gerollt.

Sind Sie überhaupt noch in der Lage, alle diese Fahrzeuge gleichermaßen zu pflegen und zu bewegen?
WB: Pflegen ja, das ist der große Vorteil an Ersthandfahrzeugen mit niedriger Laufleistung. Da halten sich die Reparaturen in Grenzen. Fahren nein, eigentlich sind es mindestens zwei Autos zu viel, aber ich kann mich von keinem Auto trennen!

Fahren Sie Ihre Autos eher privat oder eher auf Oldtimer-Rallyes? Welches ist Ihre schönste Erinnerung hinsichtlich einer Ausfahrt?
WB: Ich fahre die Autos meist privat und zu Oldtimer-Treffen. Auf vielen Fahrten gibt es interessante Begegnungen. Eine der schönsten war sicherlich der Besuch eines Freundes aus Norwegen. Er war immer schon begeisterter Capri-Fan, hatte aber noch nie in einem Ford Capri gesessen, da das Auto in Norwegen auch so gut wie nicht mehr zu sehen ist. Als er uns besucht hat, haben wir mit meinem Capri eine gemeinsame Ausfahrt ins Bergische Land gemacht. Als ich ihm den Platz hinter dem Lenkrad angeboten habe, kämpfte er mit den Tränen! Er ist dann fast eine Stunde voller Begeisterung gefahren!

Haben Sie ein Traumauto?
WB: Unter den Neufahrzeugen den Aston Martin DB9 und den Bentley Continental. Ich mag diese Art von klassischen GTs. Unter den klassischen Autos fällt mir die Auswahl schwerer, da gibt es so viele attraktive Alternativen: wahrscheinlich am ehesten der Aston Martin DB5.

Was macht ein Auto Ihrer Ansicht nach zu einem Klassiker?
WB: Wirklich jedes Auto, das liebhabergepflegt ist, hat das Zeug zum Klassiker. Leider müssen viele Autos richtig rar werden, damit man sich nach Ihnen fasziniert umdreht. Das ist meine Definition von einem Klassiker. Und das gilt auch für einen 1980er Taunus. Wann haben Sie zum letzten Mal einen solchen Wagen auf der Straße gesehen?

Sind Sie auf der Suche nach einem weiteren Old bzw. Youngtimer? Wenn ja, nach welchem Modell?
WB: Momentan ist die Halle voll und definitiv kein Platz mehr für ein weiteres Auto. Obwohl: ein Sierra Cosworth 4x4 vom letzten Modell oder vielleicht ein Ford 26M P7b, das wäre noch was!

Hatten Sie schon einmal das Pech, einen unerfreulichen (Unfall-) Schaden an einem Ihrer alten Fahrzeuge erlitten zu haben?
WB: Nein, glücklicherweise noch nicht.

Interview Wolfgang Booms

Wann und wie begann Ihre Leidenschaft für Automobile?
WB: Die ist da, solange ich mich zurückerinnern kann. Ich bin mit Autozeitschriften und Modellautos groß geworden, und noch heute drehen sich viele meiner Gespräche mit meinem Bruder oder meinem Vater um das Thema Auto.

Können Sie sich vorstellen, in einer anderen Branche als der Autobranche zu arbeiten oder ging Ihr ganzes Streben bei der Jobsuche in Richtung Fahrzeughersteller?
WB: Man soll nie nie sagen, aber ich habe mir mit dem Einstieg in ein Automobilunternehmen einen Traum erfüllen können. Ich habe mich daher sehr gezielt in meiner Ausbildung auf den Bereich Automobil ausgerichtet. Ich glaube aber auch, dass es in anderen Branchen sehr spannende Aufgaben gibt. Heute kann ich mir keine andere Branche als diese vorstellen, aber das muss nicht immer so bleiben.

Welche Bedeutung sehen Sie in historischen Ford-Modellen für Ford heute?
WB: Eine große Bedeutung, auch wenn die Historienpflege sicher nicht zu den Glanzleistungen von Ford gehört. Ford ist eine Marke mit Geschichte und Erfahrung, wir bauen und verkaufen Autos seit nunmehr über 100 Jahren. Das ist heute wichtiger denn je, denn viele verunsicherte Verbraucher suchen heute wieder nach Marken mit “Wurzeln” und Geschichte.

Welches neuere Ford-Modell hat das Potenzial, ein Klassiker zu werden?
WB: Besonderes Potential dazu haben der letzte Scorpio (besonders als 24V) und der Focus RS. Auch den Puma 1.7 zähle ich dazu.

Denken Sie, dass in ca. 30 Jahren die heutigen Autos eine ähnliche Rolle für Liebhaber spielen werden, wie das derzeit bei Fahrzeugen der 1970er Jahre der Fall ist?
WB: Es wird sicherlich nicht leichter für die Autos von heute, zum Klassiker zu reifen. Dafür gibt es aus meiner Sicht vor allem zwei Gründe: Der immer weiter wachsende Bestand an Old- und Youngtimern. Zwar wächst die Liebhaberszene, aber da haben es mittlerweile schon die Autos aus den 80er Jahren schwer, in pflegende Hände überzuwechseln. Die zunehmende Bordelektronik mit all den potenziellen Problemen bei Reparatur und Ersatzteilbeschaffung.

Wie werden sich Menschen in Zukunft individuell fortbewegen? Welches Antriebskonzept könnte die herkömmlichen Verbrennungsmotoren ablösen?
WB: Wir werden sicherlich noch für viele Jahrzehnte Verbrennungsmotoren in Pkw sehen. Aber alternative Kraftstoffe wie derzeit das Erdgas und auch der Wasserstoffantrieb werden in Zukunft immer größere Einbauraten haben. Das gleich gilt für die verschiedenen Hybridkonzepte, die wir derzeit sehen.
Den richtigen Durchbruch erwarten viele zurecht von der Brennstoffzelle, aber auf den Masseneinsatz dieser Technologie werden wir wohl noch viele Jahre warten müssen. Leider ist hier noch eine Vielzahl von Problemen auf dem Weg zu einem alltagstauglichen Einsatz zu lösen.

Viele andere Autohersteller haben ein eigenes Museum, welches oftmals auf dem Werksgelände gelegen und für Besucher gedacht ist. Die AutoStadt von Volkswagen ist das wohl aufwendigste Beispiel hierfür. Warum engagiert sich Ford nicht mehr hinsichtlich der eigenen Geschichte?
WB: Ich glaube, dass jeder von uns, der die Marke wirklich liebt, ein solches Museum vermisst. Wir haben versucht, bei der Neugestaltung der Werkführung zumindest Anklänge an unsere Geschichte mit zu integrieren. Auch wenn ich diese Entscheidung nicht umfassend beurteilen kann, bin ich überzeugt davon, dass die schwierige Situation von Ford in Europa ein wesentlicher Grund dafür ist, dass wir ein solches Museum in den letzten Jahren nicht eingerichtet haben. In einer Phase, in der wir sehr viel dafür tun müssen, die Probleme der Gegenwart zu lösen, gerät die Historienpflege etwas in den Hintergrund. Dafür habe ich auch sehr viel Verständnis.
Wir arbeiten erfolgreich an einer starken Zukunft für Ford in Europa. Meine Hoffnung ist, dass in Jahren mit operativem Gewinn dann auch wieder Pläne für die Realisierung eines solchen Museums aufgegriffen werden. Wir alle wollen mehr Emotion für die Marke Ford. Dazu gehört die Pflege der eigenen Geschichte. Wie viel Emotion in dieser Marke und Ihren Autos steckt, erlebe ich immer wieder an der Tankstelle, wo Passanten mich auf den Capri oder Granada ebenso ansprechen wie auf den Mondeo ST220 oder den StreetKa.  Da liegt viel Potenzial, das wir wecken müssen!
Unsere Marke lebt. In ihr steckt die Power, die Menschen positiv zu überraschen!

Herr Booms, vielen Dank für das Gespräch.


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