Ford '999' und 'Arrow'

Baujahr: Sommer 1902, Stückzahl: je 1 '999' und 'Arrow' (plus ein Replika 1964-66 von der Dearborn Steel Tubing Company für die Weltausstellung 1966)
Motor: wassergekühlter 18,8 Liter Vierzylinder Reihenmotor mit obenliegenden Einlassventilen "F-head" und ca. 50 PS (einige Quellen sprechen von bis zu 100 PS)

Barney Oldfield im '999'
Barney Oldfield im '999'

Rennfahrer Barney Oldfield war immer auf Publicity scharf. Also benannte er seinen Rennwagen nach der 1893 gebauten Rekordlokomotive aus dem New Yorker Central Bahnhof: 999. 999 wurde von Henry Ford entworfen und im Oktober 1902 fertiggestellt. Zu den Fahrer zählten: Barney Oldfield (ein ehemaliger Radrennfahrer aus Salt Lake City und wohl der erste Motorsport Superstar), Harley Cunningham, Henry Fords Partner Tom Cooper, und Ford selbst.
Cooper unterstütze das Projekt finanziell und brachte auch einige Konstruktionsvorschläge mit ein, während Ford und ein junger Schlosser namens C. Harold Wills die zwei Rennwagen bauten. Sie arbeiteten oft bis tief in die Nacht im ungeheizten zweiten Stock ihrer Detroiter Werkstatt. Oft mussten sie sogar Handschuhe anziehen, damit die Finger nicht allzu klamm wurden.
Der damalige Preis lag bei gewaltigen 5.000$. Obwohl der Wagen nur einen Sitz hat musste doch immer ein 'Schmiermaxe' während der Fahrt Lagerstellen des offenen Kurbeltriebs ölen und kleine Einstellarbeiten vornehmen. Die Akrobatik dabei erinnert an die Seitenwageninsassen bei Gespannfahrern. Auf jeglichen Ballast wird verzichtet. So besitzt der Wagen weder eine Karosserie, ein Hinterachs-Differential oder ein Getriebe. Eine Bremse für die Hinterachse wird erst später nachgerüstet. Nur die Vorderachse ist gefedert. Batterien speisen die "Huff"-Doppelzündung, Wasser- und Kraftstoff-Pumpen werden über Zahnräder von der Kubelwelle angetrieben. "Schon der Motorenlärm brachte einen fast um" erinnert sich Henry Ford später. Die profillosen Firestone Reifen kann man übrigens schon als "schlauchlos" bezeichnen, denn die Mäntel warum rundum geschlossen und wurden mit der Felge verschraubt.

Nach über einer Woche Training startete Barney Oldfield am 25. Oktober 1902 zu einem fünf Meilen Rennen in Grosse Point. Seine Gegner waren Alexander Winton, W.C. Bucknam und Charles Shanks. Oldfield fuhr vom Start bis zum Ziel Vollgas und hatte schon nach einer Meile einen komfortablen Vorsprung. Doch der Favorit Winton holte langsam auf. Nach drei Meilen vergrößerte sich Oldfields Vorsprung wieder, Winton hatte mit Fehlzündungen zu kämpfen und schied nach vier Meilen aus. So gewann Oldfield die 1.000 Dollar Preisgeld mit einer Runde Vorsprung vor Buckham in 5 min 28 s, einem neuen amerikanischen Rekord.

Ford '999'
'999' Replika in der Motorsport Hall of Fame (Detroit)

Der Schwesterwagen des 999 ist der Arrow (Pfeil). Der Arrow wurde von Frank Day, einem reichen jungen Mann, bei einem Rennen in Wisconsin eingesetzt. Day verunglückte und wurde getötet. Die Überreste des Wagens wurden zurück nach Dearborn gebracht und im Winter 1903/04 wurde Arrow mit vielen Modifikationen wieder aufgebaut. 

Als die Zeitnehmer vom Amerikanischen Automobilverband am 9. Januar 1904 auf dem zugefrorenen St. Clair See eintrafen machten sich Ford und sein Beifahrer Huff fertig. Ortsansässige Bauern hatten eine drei Meilen lange Strecke auf dem Eis vorbereitet. Dennoch war die Strecke sehr uneben. Ford hatte es mit dem Lenkhebel nicht einfach den Wagen auf Kurs zu halten. Zudem rutschte sein Fuß immer wieder vom Gaspedal ab, bis schließlich Huff das Pedal von Hand durchtrat. Mindestens zwei Mal verlor Ford fast die Kontrolle über den Wagen und am Ende der Strecke wartete das nächste Problem: Das Anhalten. Der Wagen war für Rundstreckenrennen konstruiert, mit nur eine fast wirkungslose Bremse auf die Hinterachse. Ford konnte jedoch den Wagen in einer Schneewehe zum Stoppen bringen.
Zum ersten Mal erreichten sie 100-Meilen/Stunde, doch erst nach zwei Wochen wurde der Rekord offiziell bestätigt. Man konnte sich nicht einigen, ob die Fahrt auf einem zugefrorenen See als „Land-Geschwindigkeits-Rekord“ zählen durfte! Schon Ende Januar 1904 holte sich Vanderbilt den begehrten Rekord zurück. Ford ließ den Arrow noch einmal gegen einen Mercedes Simplex antreten, dabei handelte es sich aber nur um einen Publicity-Lauf.

Danach wurden beide Wagen an Tom Cooper verkauft, und der 'Arrow' vom neuen Eigner in 'New 999' umbenannt. Kurz vor seinem Tod soll Henry Ford noch zu Barney Oldfield gesagt haben: "Du hast mich groß herausgebracht und ich Dich". Oldfield schüttelte seinen Kopf und erwiderte: "Der alte 999 hat uns beide groß gemacht".

Der Nimbus "999" ist noch nicht ganz verschwunden. Im August 2007 erzielen Ford und Ballard mit dem von Wasserstoff Brennstoffzellen getriebenen Fusion 999 mit 296 km/h auf dem Salzsee von Bonneville (Utah) erneut einen Weltrekord.

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