Ford T-Modell In Kyoto
Ford trat nach dem großen Kantō Erdbeben am 1. September 1923 auf der japanischen Insel in Erscheinung. Innerhalb weniger Jahre stieg die Zahl der Autobesitzer auf 16.000 an. Nach dem Zusammenbruch des Straßenbahnnetzes in Tokio brauchte man dort dringend Busse. Als Übergangslösung wurden 800 Ford Modell-TT Fahrgestelle importiert, die in Japan zu zwölfsitzigen Bussen umgebaut wurden. Im Volksmund hießen diese Busse "Entaro", benannt nach traditionellen japanischen Comics. Die zuverlässigen Fahrzeuge blieben lange im Einsatz.
Ford Werk Yokohama
Ford sah in Japan einen potentiellen Absatzmarkt und begann im Juni 1925 in Yokohama-Koyasu nahe Tokio mit der Montage von T-Modellen. GM zog bald in Osaka nach. Ab 1927 gab es dort auch das erste Fließband Japans mit einer Kapazität von bis zu 10.000 Fahrzeugen jährlich, was Ford zum größten japanischen Automobilhersteller machte. 1929 wurden 9.000 T-Modelle in Japan verkauft.
in Japan gebautes Entaku
Taxi - dieses Fahrzeug befindet sich heute im Toyota Werksmuseum Yokomichi
Für das Nachfolgemodell Model-A und AA (stets als Rechtslenker) baute man 1931 in Yokohama ein neues Werk mit eigener Polsterei und Lackiererei. Die dort gebauten Fahrzeuge hinken, wie häufig im Ausland, den amerikanischen Typen um ein Modelljahr hinterher. Einige wurden zu "Entaku" (übersetzt: "Ein Yen Taxe") umgebaut.
1936 besuchte ein gewisser Kiichiro Toyoda die Ford Motor Company in den USA. Als Sohn eines Webstuhlfabrikanten interessierte es sich dennoch mehr für Automobiltechnik. Toyoda lernte bei Ford viel über moderne Produktionstechniken und die Großserienfabrikation. Die "just-in-time" Anlieferung hat er aus Detroit übernommen. Auch Eiji Toyoda besuchte Ford, er übernahm vor allem das Mitarbeiter Vorschlagswesen. Das Produktionssystem aus Henry Fords Buch "Today and Tomorrow" wurde in der späteren Toyota Autofabrik übernommen. So verwundert es nicht, daß Toyotas erstes eigenes Auto, der 1936 präsentierte Typ AA, nicht nur von der Namensgebung starke Ähnlichkeit mit Ford Modellen dieser Zeit hat.
Bis 1939 wurde ca. 10.000 Ford pro Jahr abgesetzt und z.T. sogar exportiert, und das obwohl ab 1935 der Bau von Fahrzeugen ausländischer Hersteller gesetzlich limitiert und eine Werkserweiterung in Tsurumi untersagt wurde. Ford war damals größter Automobilhersteller in Japan, gefolgt von GM, und hatte bereits Flächen für eine Erweiterung in Tsurumi erworben. Zusammen hatten die amerikanischen Firmen einen Marktanteil von 90%. Später wird in Yokohama auch der Ford V8 und das kleine Modell-Y montiert.
ein Ford GPW, das erste
US Armeefahrzeug auf japanischem Boden
Mit dem Angriff auf Pearl Harbour endet 1940 das Kapitel "Ford in Japan" zunächst, ein Jahr zuvor war ausländischen Firmen bereits der Fahrzeugverkauf komplett untersagt worden. Die Anlagen in Koyasu werden demontiert und in das von Japan besetzte China zum Bau von Militär-LKW verlagert. Doch schon das erste amerikanische Militärfahrzeug, das im Zweiten Weltkrieg japanischen Boden unter seine Räder nimmt, ist wieder ein Ford "Jeep". In dieser Zeit ist auch in Japan Kraftstoff knapp. Viele Zivilfahrzeuge werden auf Holzgas umgerüstet.
1945 wird das Ford Gelände in Yokohama zwar
von der US Armee besetzt, die Produktion wird aber nicht wiederaufgenommen. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die großen Firmenverbünde zunächst
zerschlagen werden, kann von einer nennenswerten Autoindustrie immer
noch keine Rede sein. Zudem ist der japanische Markt durch hohe
Importzölle abgeschottet. Im Land selbst sind Kleinwagen,
Lastendreiräder und Lkw für den Wiederaufbau gefragt. Infolge des
Korea-Kriegs (1950–1953) setzt ein Aufschwung ein, unterstützt durch
Finanzspritzen aus den USA. Ford übernimmt 1954 wieder das Gelände
in Koyasu und 1958 zudem Tsurumi. Ab 1948 exportiert Ford wieder
neue Modelle nach Japan, eine Montage
wird jedoch nicht mehr errichtet - wohl auch weil mittlerweile die
heimischen Hersteller den Markt bedienen. Dennoch verkaufen 19
unabhängige Ford Händler
ihre selbst importierten Fahrzeuge - auch den deutschen "Weltkugel-Taunus". Interessant ist dabei die Tatsache,
daß einige Ford Modelle (z.B. der Mustang)
in Japan als Linkslenker verkauft werden, obwohl man in Japan links
fährt.
Der Cortina Mk. III wird in Japan mit nach innen gewölbten
Kotflügeln verkauft, um durch seine damit geringere Fahrzeugbreite
steuerlich günstiger eingestuft zu werden.
Nach einer Wirtschaftskrise 1963 betreiben die
japanischen Hersteller eine zunehmend auf Ausfuhr gerichtete
Vertriebspolitik: Exportierten sie 1961 nur 11.000 Autos, sind es 1975
schon fast drei Millionen. Erst mit der Gründung von Ford of Japan Ltd. im Jahr 1974 gibt es
wieder einen offiziellen Importeur, der jedoch mit hohen Zöllen und
anderen Handelshemmnissen zu kämpfen hat.
Bereits 1969 gründete Ford zusammen mit Mazda und Nissan das Jointventure Japan Automatic Transmission Company (JATCO), das bis heute Automatikgetriebe baut. Zwei Jahre später liefert Mazda B-Serie Pick-Ups, die als Ford Courier verkauft werden. Die Matsuda Familie, Eigner von Toyo Kogyo (Mazda), wollte Ford als Investor gewinnen, Ford bekäme im Gegenzug Zugang zu deren Lizenzen für den Wankel Motor. Aber die Matsudas wollen Ford keine Mitbestimmungsrechte an ihrer Firma einräumen. Den Ford Vertrieb in Japan übernahmen damals die Honda Händler.
Erst 1979
erwirbt Ford 24,5% der Mazda Anteile. Die Ford Liegenschaften
in Yokohama
gehen in den Besitz von Mazda über. Seitdem wurden viele Modelle
gemeinsam entwickelt, zum Teil auch unter dem Namen der anderen Marke
verkauft. In Japan übernimmt Autorama (eine Ford/Mazda Tochter) bis
1994 den
Import, geht später aber wieder in Ford über. Später erhöht Ford seine
Anteile auf 33,4%, reduziert in der Krise 2008 alle bis auf einen kleinen Teil.
Auch mit Nissan kommt es in den 90er Jahren zu einer
Zusammenarbeit, der japanische Hersteller liefert Mini-Vans und SUVs,
die baugleich als Mercury Villager in Nord-Amerika oder Ford Maverick in Europa vertrieben werden.
Seit 1996 ist Ford wieder mit einem eigenen Standort in Japan vertreten. Man gründet in Yokohama ein 5.300 qm großes Forschungszentrum für elektronische Bauteile wie Benzineinspritzung und Navigations-Systeme. Später geht diese Einrichtung im Visteon Verbund auf. Im gleichen Jahr erreicht Ford mit 21.000 verkauften Fahrzeugen das bis dato erfolgreichste Jahr. Ab 2008 werden auch Lincoln wieder in Japan vertrieben. 2016 zog sich Ford komplett aus der japanischen Insel zurück, man sah keine Chancen dort profitabel zu agieren.