Fords’ Karosserieschneider (Teil 13):

Crayford

Die englische Firma Crayford Engineering wurde 1962 von David McMullan und Jeffrey Smith gegründet. Das erste Projekt der kleinen Werkstatt in Westerham/Kent war ein Mini-Cabrio Umbau für 100 Pfund. Rund 800 Mini wurden "eröffnet". Charakteristisch für die Crayford Umbauten ist die Tatsache, daß i.A. keine Lackierarbeiten erforderlich waren. So blieben die Kosten niedrig. Später stieg der Preis zwar auf 150 Pfund, dafür waren nun aber die Seitenscheiben voll versenkbar.

Crayford Mini Cabriolet

Crayford widmete sich auch Mini-Derivaten wie dem Riley Elf. 1966 baute man für ein Preisausschreiben der Saucen Firma Heinz 57 Wolseley Hornet um.
Heinz Wolseley by Crayford

Beim viersitzigen „Mini Clubman Cameo" sorgt ein verbessertes Chassis in Verbindung mit der festen Heckscheibe für deutlich weniger Karosserieverwindungen und Verwirbelungen. Zwanzig „Surrey Mokes“ fanden ihre Abnehmer hauptsächlich in sonnigen Urlaubsregionen wie Südfrankreich und der Karibik. In den 80ern entsteht als letzte Mini-Cabrio Version der "Carnival", ein Versuch das Mini-Moke zu ersetzen.

Der Austin Maxi Kombi von Crayford kam ein paar Jahre vor der werkseigenen Version. Die zweigeteilte Heckklappe, bei der der originale Kofferraumdeckel unverändert übernommen wurde, mag zwar etwas merkwürdig aussehen, hat aber den Vorteil, daß der ganze Umbau inkl. umklappbarer Rücksitzbank nur 79 Pfund kostete. Er konnte bei den 30 BMC Händlern bestellt werden, die auch schon das Mini-Cabrio anboten. Insg. rund acht Wochen dauerten die von BMC freigegebenen Modifikationen, die Crayford seinerseits bei den Karosseriebetrieben FLM Panelcraft oder Methven & Thomas in Auftrag gab.
Als 1967 auch eine zweitürige Version des BMC 1100 auf den Markt kam, folgte sogleich wieder ein Cabrio von Crayford. Doch trotz einer prognostizierten Kapazität von sieben Fahrzeugen pro Wochen entstanden insgesamt wohl nur ganze zwölf.

Der Austin 3-Litre Kombi von Crayford bot Platz für bis zu neun Insassen, wurde aber auch gern als Krankenwagen eingesetzt. Die Rücksitze konnten nicht nur umgelegt, sondern ganz ausgebaut werden. Die Innenausstattung wurde recht hochwertig ausgeführt und machte den Wagen mit seiner hohen Nutzlast und der serienmäßigen Niveauregulierung zu einem der edelsten Kombis auf dem englischen Markt in den Jahren 1969/71.


Rover Estoura
Auch Rover wollte einen Kombi im Programm. Die Karosseriearbeiten (Alu-Dachhaut!) für den P6 „Estoura“ wurden bei FLM Panelcraft - in recht schlechter Qualität – durchgeführt. Crayford kümmerte sich hier nur um die Innenausstattung der rund 160 gebauten Exemplare.

Mit dem Erscheinen des Allegro beauftragte Leyland Händler Spikins Crayford eine offene Version zu entwickeln. Heraus kam eine Art Cabriolimousine für 375 Pfund Aufpreis. Bald darauf widmete man sich dem neuen Leyland Princess, aus dem Crayford eine echte Fließheck Limousine mit großer Heckklappe machte.

Für den ursprünglich nur als Coupé verfügbaren Triumph TR7 bot man allerdings keine offene Version an (die bestimmt recht erfolgreich gewesen wäre), sondern einen merkwürdig ausschauenden und unpraktischen "Tracer" Kombi, von dem wiederum auch nur wenige Prototypen entstanden.

Doch auch englische Ford Modelle wurden umgebaut. Der Anglia 105E wurde direkt nach seiner Markteinführung „aufgeschnitten“, rund zwanzig Cabrios dieses Typs entstanden. Zudem baute man einige Lieferwagen auf Basis des Anglia Kombi.


Ford Corsair Convertible

Der Ford Corsair konnte bei Crayford wahlweise zum Cabrio oder Kombi mutieren. Auch Hillman Imp, Morris Marina (1973), Maestro und Vauxhall Viva Modelle wurden in kleiner Zahl "aufgeschnitten".

Großbritannien war 1969 ein wichtiger Import-Markt für Porsche, doch die britischen Käufer, die sich für den 914 "Volksporsche" interessierten, wurden von einem völlig überhöhten Preis abgeschreckt. Zudem war der Wagen werksseitig nur als Linkslenker lieferbar. Die Rechtslenker-Umbauten durch Crayford waren ordentlich, nur Gangschaltung und Türverkleidung deuten noch auf den ursprünglich linken Fahrerplatz. Mit ihren englischen Wilton Hochflorteppichen kosteten sie jedoch noch etliches mehr. Angaben über die Stückzahlen schwanken zwischen neun und elf.


Lotus-Cortina Convertible

Erfolgreicher war der Crayford-Cortina. Vom Mk.I entstanden 52 Cabrios, von denen 40 exportiert wurden.


Cortina Mk.II Convertible

Für den Mk.II wurde Crayford von Ford bereits vor der Pressevorstellung 1966 mit Prototypen beliefert, der offene Cortina in "mink-blue" konnte so zeitgleich mit der Limousine präsentiert werden. Rund 400 Cortina wurden in Kent umgebaut, wobei zwei Versionen zur Auswahl standen: Beim Convertible verblieb das aufgeklappte Verdeck auf der Hutablage, beim deutlich teureren Cabriolet konnte es vollständig versenkt werden. Gegen Aufpreis konnte Crayford auch Kundenwünsche nach mehr Leistung befriedigen und verpflanzte den 3-Liter Essex V6 unter die Motorhaube. Doch die Konkurrenz schlief nicht, mittlerweile beliefert auch Carbodies den englischen Markt mit offenen Ford.




1971 erblickte ein offener Capri, der „Caprice“, bei Crayford das Licht der Welt: Es entstanden bis 1972 wohl nur rund dreißig Stück als 1600GT oder 2000GT. Bemängelt wurde der feststehende Türrahmen bei der preiswerten Version, der die Linie im geöffneten Zustand stört. Lizenznehmer für den Umbau war übrigens Deutsch in Köln.


Crayford-Cortina "Convertible-Coupés" Mk. III und IV hatten wieder einen feststehenden Seitenscheibenrahmen und einen Targabügel ("T-roof"), was natürlich der Karosseriesteifigkeit enorm zu Gute kam. Den Vertrieb übernahm schon bei den letzten Cortina exklusiv Bristol Street Motors in Birmingham. Der neue Geschäftspartner war sehr erpicht darauf die Cabrios als Neuwagen (und nicht wie bisher als umgebaute Gebrauchtwagen) anbieten zu können. So mußte man als erster englischer Karosseriebetrieb das komplette Typprüfungsverfahren über sich ergehen lassen. Ein voll ausgestatteter Crayford-Cortina kam schnell auf den Neupreis eines Jaguars, kein Wunder, daß wieder nur 28 Stück gebaut wurden!
Nach Auslauf des weitgehend mit dem letzten deutschen Taunus baugleichen Cortinas wurden 1983 auch Ford Fiesta "Fly" aufgeschnitten und sogar auf der Frankfurter IAA gezeigt. Verstärkungen aus rostfreiem Stahl sorgten für die nötige Steifigkeit. Das Verdeck ließ sich Dank eines neuen Mechanismus sehr flach herunterklappen und stört die Sicht nach hinten nur wenig. Vom kleinen Spanier entstanden 21 offene Viersitzer zu Preisen ab 1.275 Pfund (im Sommer waren die Autos teurer!) bei einer veranschlagten Umbauzeit von zehn Werktagen. Auf der Aufpreisliste stehen farbige Verdeckstoffe und zwei verschiedene Versionen der Persenning. Der Prospekt erklärt auch den merkwürdigen Namen "Fly" (= Fliege): "Eine schnell fahrende, offene und leichte Kutsche, erstmals 1816 in Brighton eingeführt; der Begriff wurde später für jede Miet-Kutsche verwendet".  Man hoffte eine Marktlücke füllen zu können, die die preiswerten MG und Triumph Roadster nach ihrer Produktionseinstellung hinterlassen hatten.

118 Vauxhall Cavalier (bei uns als Opel Manta B bekannt) wurden 1978/79 zum offenen "Centaur" umgebaut, die Entwicklung des Verdeckgestänges mit Gasfederdämpfern übernahm Magraw Engineering.


Auch das Mercedes W123 Coupé wurde ab 1978 ein Dutzend Mal als "St. Tropez" geöffnet, von der W116 S-Klasse entstanden Kombi sowie Landaulet Versionen für den Export nach USA, Australien und Süd-Afrika. In Deutschland kostete so ein Crayford-Kombi 20.000 DM Aufpreis. Heckscheibe und Heckklappen Scharniere dieser "Estate" stammen übrigens vom Granada! Auch der 450SL mutierte zum "Condor" Estate. Zumindest je ein Audi 100 wurde zum Kombi und Cabrio umgebaut, VW Scirocco "Tempest" Cabrios entstanden pünktlich zur Birmingham Auto Show 1980. Im gleichen Jahr widmete sich die mittlerweile in Crayford Auto Development Ltd. umgetaufte Firma dem neuen Metro mit der Zielstellung das preiswerteste offene Auto auf der Insel anzubieten. Bei einer kalkulierten Umbauzeit von nur 70 Stunden kam man auf einen Aufpreis von 900 Pfund. Doch diese Berechnungen erwiesen sich als zu optimistisch, der tatsächliche Aufwand lag mehr als doppelt so hoch und so wurden nur zwei Metros umgebaut!
Ein Einzelstück blieb wohl das BMW E21 3er Cabrio ohne den bei Baur typischen Targabügel.

Die Zeiten für Karosseriebaubetriebe wurden jedoch schwerer: Selbsttragende Karosserien erfordern zusätzliche Verstärkungen, viele Hersteller bieten wieder werksseitig Cabriolets an und die Qualitätsansprüche der Kunden stiegen.

Ab 1980 wird ein Großteil der Karosseriesparte mit allen Rechten an Carbodies in Coventry verkauft. Dort ist man entsetzt wie in Westerham gearbeitet wurde: Für die Cortina Convertible existierten weder vollständige Zeichnungen, noch Formlehren oder Werkzeuge. Auch die Qualität ist deutlich schlechter als die der bei Carbodies gebauten London Taxen. Kein Wunder, daß die Cortina Umbauten auch in Coventry schnell eingestellt werden und man sich dort lieber auf die Entwicklung eines neuen Taxen Modells konzentriert.

Crayford selbst nutzt seit den 70ern ein weiteres, offensichtlich profitableres  Standbein. Schon in den 60er Jahren kümmerte sich die nun nach Hertfordshire umgesiedelte Firma um den Vertrieb von ATVs (all-terrain-vehicles). Man gewinnt die kanadische Ontario Drive and Gear als Partner und baut seitdem zusammen mini Off-Road Fahrzeuge (Argocat), kleine Hovercrafts, Schwimmpontons und anderes Zubehör für den militärischen und zivilen Einsatz. Ein neuer Produktionsstandort (Crayford Special Equipment) für die Amphibienfahrzeuge wird in Kapstadt gegründet.

tm

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