Schenkelspiel
Hilfe... der Buckel (Anm. d. Netzmeisters: Gemeint ist der Buckelvolvo - ähnliches gilt aber auch für andere Fahrzeuge ohne Kugelköpfe) muss über den TÜV..... und der Prüfer stellt fest: eure (Achs-)Schenkel haben zuviel Spiel!
Leider nix Plakette!!

Diese Diagnose gehört zu den unangenehmsten Highlights im Leben eines Buckeltreters. Don Plaketti meint damit, dass das Spiel und der Verschleiß an eurer Vorderachse ein Maß erreicht hat, dass er nicht mehr tolerieren kann. Die Uraltkonstruktion aus den 40er Jahren muss überholt werden, damit die Vorderräder wieder sicher, spielfrei, lenken und rollen. Da Kfz-Prüfer entweder mit ihren Erklärungen sehr zurückhaltend sind oder meinen, einen Ingenieur vor sich zu haben, so müsst ihr erstmal feststellen, was der Knabe denn eigentlich meint!

Ich setze hier voraus, dass alle Lenkungsteile einwandfrei sind. Im Gegensatz zu neueren Achskonstruktionen, die mit Kugelgelenken und/oder Kegelrollenlagern arbeiten, ist die Buckelvorderachse vom Typ: Achsschenkellenkung. Hier übernimmt ein in Gleitlagerbuchsen drehbar gelagerter Achsschenkelbolzen die Aufgabe, Lenkbewegungen in Radeinschlag umzusetzen. Und wie das so ist: Buchsen und Bolzen schlagen aus, vor allem wenn ihr das Abfetten per Fettpresse vergessen habt! Nicht umsonst gab Volvo beim B16PV den Hinweis, die Vorderachsschmiernippel alle 1250 km zu fetten. Bei den heute besseren Straßen geht es auch alle 2500 km. Mehr wie 5000 km sollten es aber nie werden!!!

Ihr findet als Achsbestandteile folgende Dinge: Oben Innen einen so genannten Bundbolzensatz der den oberen Dreieckslenker an der Karosserie fixiert und nach oben/unten beweglich ist. An der Schmalseite des oberen Dreieckslenkers ist wiederum ein Bundbolzensatz eingeschraubt, der den Lenker mit dem Achsschenkel verbindet. Dieser Bundbolzensatz ist oben/unten beweglich und seitlich verdreh- und fixierbar um den Radsturz einstellbar zu machen. (Beim Ausbau daher bitte Sitz mit Körnerschlägen markieren). Wollt ihr die ganze Sache zerlegen, so schraubt den Stoßdämpfer, die Spurstange und die komplette Bremsenmimik einschließlich der Bremsankerplatte ab. Am unteren Ende des Achsschenkels befindet sich der dritte und letzte Bundbolzensatz, als drehbarer Übergang zum unteren Querlenker auf dem auch die Vorderfeder ruht. Innen unten am Querlenker befinden sich noch 2 Gummilager. Diese Gummis können nach Zerlegung des Querlenkers leicht ausgetauscht werden. Die Halterungen des Lenkers am Achsträger werden per Wagenheber fixiert, die Halteschrauben gelöst und der Wagenheber vorsichtig abgelassen. Damit klappt der Lenker nach unten und ihr könnt die Feder entnehmen. Dann schraubt ihr die oberen Bundbolzensätze ab und habt die ganze Mimik in der Hand.

Bundbolzenachsen haben konstruktionsbedingt Spiel. Das Ganze ist von Natur aus eine ziemlich labberige Angelegenheit. Nur weis das nicht jeder TÜV-Mensch! Ihr schraubt die Bundbolzen aus und zerlegt damit die Achse in ihre Bestandteile: Dreieckslenker, Querlenker, Achsschenkel. Die Achsschenkel sind fällig, wenn ein Teil im Anderen gut fühlbares Höhen- und Seitenspiel aufweist. An die Überholung der Achsschenkel gebt ihr euch nur, wenn ihr über die folgenden Werkzeuge verfügt und wisst damit umzugehen: Hydraulische Presse, verstellbare Reibahle um 3/4 Zoll, Volvo-Spezialaustreibwerkzeug für den Achsschenkelbolzen. Da ich davon ausgehe, dass sich diese Dinge nicht bei Hobbybastlers finden, ist hier Schicht im Schacht. Die Achsschenkel gehen zum Überholen in einen Fachbetrieb, oder sind von Diesem im Austausch lieferbar. Fragt mal an. Einige zusätzliche Problemchen tauchen auf: Die benötigten Ersatzteile (je 2 Bundbolzensätze, 1 Achsschenkelbolzensatz, 4 Gummibuchsen) sind so gut wie nicht mehr lieferbar. Je nach Versorgungslage müssen Achsschenkelbolzen und deren Lagerbuchsen beim Motoreninstandsetzer oder in einer Dreherei neu angefertigt werden. Hier geht’s richtig ins Eingemachte und der “do it yourselfer” ist völlig überfordert.

Und für die Profis unter euch hab ich diese Zeilen nicht geschrieben... Versteht ihr nun, warum regelmäßiges
Abschmieren wichtig ist.... Entschieden billiger als die obige Aktion ist es allemal.

Dieter Hengstwerth

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